Das Dienstjahr auf der Roseburg - Frau Maria Gogolock (geboren 1924) erinnert sich - und überrascht mit einer alten Fotografie von Bernhard Sehring ...

Das für Jungen und Mädchen vorgeschriebene Dienstjahr zu absolvieren, bedeutete zumeist, bei einem Bauern der Region zu arbeiten, dort den Hof mit zu bewirtschaften, das Vieh zu füttern etc. - nicht aber für die damals 14-jährige Maria Kurze aus Ermsleben, welche durch elterliche Kontakte zum damaligen Roseburg-Verwalter Kulbe 1938/39 ihr Dienstjahr also auf der Roseburg antrat.

Stellt man sich dort ein bequemes Leben und Arbeiten vor, so täuscht das, denn zu jener Zeit gab es auf der Burg weder Strom - das bedeutete für das junge Mädchen unendliches Putzen der vielen Petroleumlampen - noch Wasserleitungen. Die einzige Zapfstelle befand sich auf dem Burghofgelände. War aber im Winter die Leitung abgestellt, so mussten die schweren Wassereimer vom Brunnenhaus am Hang bis zum Waschhaus getragen werden. Für 6 Reichsmark im Monat musste fest mit angepackt werden. Für Maria bedeutete dies unter anderem auch der Einkauf in Rieder oder Ballenstedt, Gartenarbeit, Haushalt sowie das Empfangen von Besuchern und oft damit verbunden das Herumführen im Park.

Ihr kleines Zimmerchen übrigens existiert leider nicht mehr, jener Bereich, rückwärtig am Söller, ist längst zugemauert.

Die persönliche Anwesenheit des Burgherrn Sehring und seiner Ehefrau hielt sich in Grenzen, da diese lediglich in den Sommermonaten aus Berlin anreisten. Aber daran, wie Frau Hildegard, schon recht beleibt und schwerfällig, im Park sitzend, mit dem Hund des Verwalters spielend und nur mit „Gnädige Frau” anzusprechen war, kann sie sich sehr lebhaft erinnern. Und Bernhard Sehring selbst beschreibt sie als ungemein höflichen und feinen Mann. Ganz entgegen der allgemein verbreiteten Annahme, war er zu dieser Zeit schon regelrecht arm - finanziell auch am Bau der Roseburg übernommen.

Die Roseburgzeit hat Frau Gogolock (geb. Kurze) in schöner Erinnerung behalten, zählt sie doch zu den friedlicheren Augenblicken ihrer Jugend.

Nach ihrem Dienstjahr, 1940, erlernte sie den Beruf der Verkäuferin - bevor der Krieg ihres und das Leben ringsherum veränderte. Ausgerechnet nach Hamburg zu den „Luftnachrichten” wurde sie einberufen und das Wissen, wo und wann die nächsten Bombenangriffe sein werden, machte ihre Pflichten nicht leichter. Den Großangriff auf Hamburg erlebte sie selbst geschützt im Bunker, während Mitmenschen in den sicheren Tod liefen. Weiter ging es dann durch Verlegung nach Stuttgart, nach Oberschlesien und schließlich, auf der Flucht vor den Russen, zu Fuß nach Pilsen in der heutigen Tschechei. Erst nach Kriegsende bekam sie die Gelegenheit wieder in ihren Heimatort Ermsleben anzukommen.

Gleichwohl ein Schicksal von so vielen, aber Frau Gogolock, die leider ihren Ehemann schon 1970 verlor, erzählt all dies derartig interessant, lebendig und man mag einfach nur ewig zuhören.

Seit 30 Jahren wohnt sie nun schon in Ballenstedt und ist mit ihren 83 Jahren eine wichtige und sehr symphatische Zeitzeugin, auch in Bezug auf die Roseburg, der sie ab und zu einen Besuch abstattet.

Und all die Jahre bewahrte sie ein Foto, welches keinen Geringeren als ihren damaligen Arbeitgeber, Bernhard Sehring, in stolzer Pose im Innenhof seiner Roseburg zeigt.

Halle/Saale, September 2007

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